Christopher Annen & Francesco Wilking - Alles was ich je werden wollte / Tickets
Christopher Annen & Francesco Wilking ‚Gut so allein‘
‘Alles was ich je werden wollte’
Christopher Annen von AnnenMayKantereit und Francesco Wilking von Die Höchste Eisenbahn, Crucchi Gang, Artur & Vanessa etc. pp. haben zusammen Musik gemacht. Nur mal so. Das ist ausgeartet. Deswegen gibt es jetzt eine EP mit vier Liedern und bald ein Album mit fünfzehn (inklusive der vier von der EP). Und eine Tour (eine kleine). Und weiter haben sie noch nicht geplant.
Geplant war hier sowieso nichts. Wenn die beiden irgendwas geplant haben, dann höchstens, dass sie auf keinen Fall irgendwas planen. Und so klingt auch ihre Musik. Also, nicht planlos. Sondern leicht, verspielt, irgendwie beiläufig eingängig und angenehm ungezwungen lebensfroh.
Ich ess meine Nüsschen, der Morgen fühlt sich weich an.
Saug den Flur, mach das Fenster zu ohne zu speichern.
So auf die Art. Textlich gesehen. Das war aus ‚Gut so allein‘, dem Song, der so heißt wie die EP. Oder andersherum, wer weiß das schon. Und musikalisch? Puh, wie soll man das beschreiben? Erstmal nur so viel: Free Jazz ist es nicht. Und ‚Gut so allein‘ ist der Hit, den jetzt bitte alle in die Playlists und ins Radio kloppen, falls hier jemand vorspulen möchte.
Wie hat das angefangen
Es war so: Francesco Wilking, einer der umtriebigsten Musiker Deutschlands, fragte (frug? frieg?) Christopher Annen, Gitarrist einer der erfolgreichsten und erstaunlichsten Rockbands des Landes, ob besagte Rockband einen Song für die Kinderlied-Reihe ‚Unter meinem Bett‘ hätte. Hatte sie nicht, aber Christopher hatte einen. Den haben sie zusammen aufgenommen. Das war gut. Und so hat das angefangen.
Später kam die Idee auf, dass sie noch mehr zusammen machen könnten. Christopher hatte einen Song, der hieß ‚An nem guten Tag‘. Francesco hatte einen, der hieß ‚Gut genug‘. Die Idee war, dass sie die zwei Songs zusammen im Proberaum/Studio von AnnenMayKantereit aufnehmen, und das haben sie gemacht, und dann ist es ausgeartet – es entstanden noch vier weitere Songs, die Produzent Fabian Langer so halb-heimlich aufgenommen hat. Also eher so nebenbei. Einfach draufgehalten und festgehalten mit den Dingen in seinem mobilen Aufnahme-Koffer.
Das war im Frühjahr 2023. Drei Tage, zack, sechs Songs im Kasten. Ein Jahr später nochmal getroffen, zack, neun Songs im Kasten. So kann’s kommen. Ahnst du nicht. Und so hat das angefangen. Beziehungsweise, das war’s dann auch schon. So sind diese insgesamt fünfzehn Lieder entstanden, von denen sich vier auf dieser EP befinden, und die anderen dann auch auf dem Album. ‚Wie hat das angefangen‘ heißt übrigens der letzte Song auf der EP, an dem man ganz gut den Zauber dieser Annen-Wilking-Songs erklären kann.
Stichwort sich anschleichender Ohrwurm. Weil du hörst dieses Lied, es gefällt dir, also hörst du es noch ein paar Mal, und schon summst du diese Zeile, den Refrain, dieses ‚Wie hat das angefangen?‘ bei jeder Gelegenheit. Ehe kaputt, Kind schreit, Hund kackt aufs Bett, Haare werden grau – [singt im Kopf] „Wie hat das angefangen???“ Herrlich. Wieviel mehr kann man von einem Lied wollen? Und das ist nicht mal der Hit. Das ist, wie gesagt, ‚Gut so allein‘.
Alles, was ich je werden wollte
Heißt der dritte Song auf der EP. Und dann später, im Februar, auch das Album. Aber ohne Komma. Also: ‚Alles was ich je werden wollte‘. Das Album jetzt. Warum auch immer. Man muss nicht immer alles verstehen. Was übrigens auch zumindest teilweise den Zauber dieser Annen-Wilking-Lieder erklärt – dass man nicht immer alles versteht. Also textlich. Stichwort „Ich ess meine Nüsschen, der Morgen fühlt sich weich an.“ Anderes ist hingegen schon fast schmerzhaft nah dran an der Realität. ‚Wie hat das angefangen‘ zum Beispiel ist ein Auf-die-Zwölf-Trennungslied. Aber eben ein schlaues, dessen Refrain auch zahlreiche andere Lebenssituationen ins Zauberhafte weitet. Poesie halt.
Musikalisch ist hier natürlich alles Oberklasse Meisterschule Adult-Pop mit Indie-Unwucht, und das so lässig – man möchte fast schon daran zweifeln, dass sie das einfach mal so eingespielt haben. Mit ein paar Freunden, die zufällig vorbeikamen und dann Bläser, Streicher oder Chor klarmachten. Aber so soll es gewesen sein. Und es gibt Zeugen.
An nem guten Tag
Es ist auf jeden Fall ein Glücksfall, dass das alles überhaupt passiert ist. Weil ja weder Annen noch Wilking unbeschäftigte Typen sind, um es mal vorsichtig auszudrücken. Aber Die Höchste Eisenbahn stand gerade auf dem Wartegleis, die anderen Wilking-Projekte waren wahrscheinlich in so Zwischenstadien, und AnnenMayKantereit mussten nach einem Tourabschluss im Kölner Stadion erstmal ganz tief Luft holen, und deswegen jetzt und hier:
Christopher Annen & Francesco Wilking
‚Gut so allein‘
EP
Im Februar dann ‚Alles was ich je werden wollte‘, das Album. Und eine Tour, aber eine ganz kurze, nur eine Handvoll Termine. Und dann mal gucken.
Tino Hanekamp
ZITATE
Christopher: Bei AnnenMayKantereit war es so, dass wir 13 Jahre lang voll ausgelastet waren. Es gab einfach keinen Raum, etwas anderes zu machen. Aber jetzt war es schön, mal etwas Raum für andere Ideen zu haben. Ich war auch mega froh, das mit Francesco machen zu können. Alleine hätte ich mich das wahrscheinlich nicht getraut.
Francesco: Wir haben viele Instrumente selbst eingespielt, aber wir hatten auch Unterstützung von Freunden. Fabian hat oft den Bass gespielt und Programming gemacht. Björn und Stephanie von Locas In Love haben auch mitgewirkt. Und Rocko Schamoni hat einen kleinen Sprechpart auf einem Song.
Christopher: Ich glaube, was unsere Musik von AnnenMayKantereit unterscheidet, ist, dass sie etwas weniger direkt ist.
Francesco: Es braucht immer ein gewisses Maß an Selbstverarsche. Man sagt nicht einfach: „Okay Francesco, dann stell dich mal dahin, ich habe das gute Mikrofon aufgebaut.“ Ich habe auch oft gedacht: ‚Ich schreibe jetzt mal drei Strophen, damit wir etwas haben, und wechsle die später aus.‘ Aber letztlich haben wir das nicht gemacht.
Christopher: Es ist wirklich cool, dass es diesen Zeitraum gab, in dem bei unseren anderen Projekten gerade nichts anstand. Es war einfach schön, diesen Raum für etwas anderes zu haben.
Francesco: Es gibt diese Beatles-Geschichte. Paul hatte ‚Hey Jude‘ geschrieben, spielte John das Demo vor und sagte: „Also diese eine Stelle, ‚the movement you need is on your shoulder‘, das ist natürlich Quatsch, da kommt noch was anderes hin.“ Und John so: „Was? Das ist die beste Textzeile!“ Weil es nichts Konkretes bedeutet. Jeder kann sich irgendwas anderes drunter vorstellen. Und das haben wir manchmal gut hingekriegt. Diese Uneindeutigkeit. Das ist toll.
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